CDU-Urgestein Heinz Töns tritt nicht wieder an


Die dicken Aktenordner zählen Hunderte von sauber sortierten Seiten. Und etliche von ihnen sind durchaus schon ein wenig vergilbt. Aber das dürfen sie auch sein, haben die gesammelten Fotos, Protokolle und Zeitungsartikel doch mitunter schon fast fünf Jahrzehnte auf dem Buckel. Wenn es um sein Archiv geht, ist Heinz Töns akribisch und penibel. Kein Wunder, geht es doch nicht nur um seine eigene Vergangenheit, sondern auch um ein erhebliches Stück jüngerer Drensteinfurter Stadtgeschichte. Letztere hat Töns als Mitglied der CDU nun nicht weniger als 54 Jahre lang mitgestaltet. Im Herbst ist damit allerdings Schluss. Nach der Kommunalwahl am 13. September hängt des „Urgestein der Ortsunion“ den berühmten Hut an den Nagel, um das Feld Jüngeren zu überlassen.

Ein Blick zurück: Im Jahr 1966 war Heinz Töns Gründungsmitglied der Jungen Union in Drensteinfurt. 1978 folgte der Wechsel in die CDU, für die er nur ein Jahr später in den Rat einzog. 1985 wurde er erstmals in den Vorstand der Ortsunion gewählt, dem er bis heute angehört. Und von 1993 bis jetzt bekleidet der heute 73-Jährige den Posten des CDU-Fraktionsvorsitzenden.

Sitzungen in den Kneipen 41 Jahre im Rat der Stadt also, in denen Töns so manches erlebt hat – beginnend mit dem Einzug der Politik in die Ende der 1970-er Jahre fast vor dem Abriss stehende und danach restaurierte Alte Post, die bis heute den Ratssaal beherbergt. „Bis dahin fanden die Rats- und Fraktionssitzungen meistens in Kneipen statt“, kann sich Töns noch gut an die Zusammenkünfte im „Schwatten Holtkamp“ oder auch im Ameker Landhaus Thiemann erinnern – ebenso wie an die doch meist geselligen Ausklänge mit dem einen oder anderen Kaltgetränk. „Die waren aber hinterher am Kamin in der Alten Post noch besser“, schmunzelt Töns, der als Anlieger der benachbarten Wagenfeldstraße diesbezüglich stets einen unschlagbaren „Heimvorteil“ besaß. „Ich war damals eigentlich immer einer der Letzten“, lacht Töns. „Aber so konnte man auch nie über mich, sondern nur mit mir reden.“

Reden? Ja, das kam natürlich im vergangenen halben Jahrhundert nie zu kurz. Befragt nach einer Debatte, die ihm besonders in Erinnerung geblieben ist, braucht er trotzdem nicht lange zu überlegen. „Als wir damals in die Alte Post gezogen sind, standen dort bei der ersten Sitzung über 30 Stühle zur Auswahl – vom einfachen Brettstuhl für 80 D-Mark bis hin zum Ledersessel für 1300 Mark“, so Töns. Nach einer hitzigen Diskussion – und manch anschließendem Vorwurf – habe man sich schließlich für die teure Variante entschieden. Eine falsche Entscheidung war es am Ende aber zumindest qualitativ nicht: Auf den besagten Stühlen wird nämlich noch bis heute getagt.

Heinz Töns Falsche Entscheidungen? Ja, auch die gab es sicherlich das eine oder andere Mal, räumt der CDU-Fraktionschef unumwunden ein. „Ein Fehler war es sicher, das städtische Grundstück neben der Grundschule zu verkaufen, um es danach bebauen zu lassen“, blickt Töns auf den nicht unerheblichen Ärger, den es in den vergangenen Jahren vor allem nach der Errichtung der Kunstrasenfelder auf dem Gelände der Kardinal-von-Galen-Grundschule am Windmühlenweg gegeben hat. Dass seine persönliche politische Bilanz am Ende aber doch deutlich positiv ausfällt, sei vor allem das Verdienst einiger erfahrener Wegbereiter und mancher langjähriger Weggefährten. In einem Atemzug nennt er dabei neben seinem Amtsvorgänger Reinhold Uhlenbrock auch den Walstedder Alfred Haase senior sowie vor allem den damaligen Bürgermeister und Landtagsabgeordneten Albert Leifert, der im „Gespann“ mit dem seinerzeitigen Stadtdirektor und späteren Bürgermeister Werner Wiewel die Geschicke der Stadt über Jahrzehnte hinweg gelenkt hat – einige Großprojekte und solche, die am Ende trotz aller Hoffnungen doch nichts geworden sind, inklusive.
Traum vom schnellen Wachstum Es war, so Töns, schon eine intensive Zeit, als Werner Wiewel im Jahr 1978 seinen Dienst in der Verwaltung antrat. Denn während die Innenstadtsanierung noch auf ihre Vollendung wartete, träumte mancher Politiker vom schnellen Wachstum. Verantwortlich dafür waren maßgeblich die Pläne, den seinerzeit noch im Entwurf befindlichen Protonenbeschleuniger der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) in der Wersestadt zu errichten. Zudem war Drensteinfurt einer der Favoriten, als es darum ging, einen Regionalflughafen im Münsterland zu errichten. „Einige waren damals davon überzeugt, dass Drensteinfurt schon bald eine ,Mittel-Metropole‘ mit bis zu 40 000 Einwohnern sein würde“, schildert Heinz Töns. Und entsprechend „groß“ sei damals geplant worden. Etwa als es um den Bau eines eigenen Schulzentrums – Realschule und Gymnasium inklusive – ging, das mancher Lokalpolitiker gerne dort gesehen hätte, wo heute das Baugebiet Beckkamp zu finden ist. „Das brauchen die Leute vom ,CERN‘, hieß es damals“, sagt er. Aus all dem wurde jedoch bekanntlich nix. Der Flughafen wurde später in Greven errichtet. Und die atomare Forschungsanlage des CERN befindet sich heute in der Nähe von Genf.

Die Folge: „Drensteinfurt verfiel damals in einen Planungsstau“, blickt Heinz Töns zurück. „Da absolut übermäßig geplant worden war, wurde am Ende gar nichts geplant.“

Leifert und Wiewel im Gespann Langsam aufwärts ging es dann aber Anfang der 1980-er Jahre und damit nach der Kommunalreform, in deren Folge auch Rinkerode ein Teil der Stadt Drensteinfurt wurde. „Als Werner Wiewel 1978 nach Drensteinfurt kam, gab es hier nicht eine einzige ordentliche Straße“, schildert das scheidende Ratsmitglied die schwierigen Umstände, denen sich der damals neue Verwaltungschef gegenübersah. Doch im Gespann mit Albert Leifert ließ sich Wiewel von Hindernissen nicht beeindrucken – vor allem, als es um den damals lang ersehnten Bau der Umgehungsstraße ging, an deren Einweihung im Jahr 1988 sich Töns noch gut erinnern kann – Feierstunde mit mehreren Hundert geladenen Gästen in der damals gleichfalls gerade erst fertiggestellten Dreingau-Halle inklusive. Ihm selbst, so Töns, habe in den vergangenen Jahrzehnten vor allem ein Thema besonders am Herzen gelegen: die Bildungspolitik. Als bis zum Schluss eiserner Verfechter der Hauptschule musste aber auch er sich letztendlich dem gesellschaftlichen Akzeptanzproblem beugen und die Abwicklung der lange Zeit einzigen weiterführenden Schule in der Stadt („Sie hatte stets einen hervorragenden Ruf“) mitbeschließen. Traurig ist er aber nur bedingt. Denn: „Wir haben mit der Teamschule ein tolles Konzept – auch wenn es von den Eltern in Drensteinfurt bislang nicht so angenommen wird, wie die Schule es verdient hätte“, erklärt Töns, dass die „Baustelle Schule“ wohl ein „endloses Kontinuum“ sein wird. „Wir hatten damals die Grundschule am Windmühlenweg gerade erst eingeweiht, da war sie schon zu klein“, schmunzelt er.

Heinz Töns Was die Zukunft betrifft, ist dem scheidenden CDU-Fraktionsvorsitzenden übrigens nicht bange. Man habe, so Töns, ein „hochmotiviertes Team mit jungen Leuten“ und mit Markus Wiewel dazu einen „hervorragenden“ designierten neuen Fraktionsvorsitzenden. An Projekten, sagt er, werde es diesem Team sicher nicht mangeln. Persönlich wünscht er sich vor allem die Weiterentwicklung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts, dessen ersten „Meilenstein“ er noch selbst mitgesetzt hat: die Neugestaltung des im vergangenen Jahr eingeweihten Marktplatzes. Ein weiteres „Highlight“, erklärt Töns, könnte nun die Einbeziehung der Schlossallee sein. Und dann ist da natürlich noch die, bedingt durch die Vorgaben der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, in einigen Jahren zwingend notwendige Renaturierung der Werse, der Töns viel Positives abgewinnen kann.
Persönlich, da ist er sich sicher, wird er auch nach der Wahl nicht „arbeitslos“ sein. „Ich hab‘ genug zu tun“, sagt er. Als Erlbad-Stammgast zieht der Drogist im Ruhestand während der Sommermonate täglich über bis zu 2000 Meter seine Bahnen. Außerdem geht es regelmäßig aufs Rad. Die Stammrunde: exakt 20,5 Kilometer, für die er zuletzt genau 54 Minuten gebraucht hat – ohne Strom-Unterstützung, versteht sich. „Ein E-Bike? Das ist etwas für Ältere – aber nicht für mich“, lacht er. Und dann sind da ja noch die Kicker des SVD, denen er regelmäßig die Daumen drückt, wenn auch nicht mehr bei jedem Auswärtsspiel und eigener Anreise per „Drahtesel“. „Dafür fahren die mittlerweile zu weit“, sagt Töns, der außerdem seit der Gründung ein engagiertes Mitglied des Partnerschaftsvereins „Städte(R)freundschaft“ ist.

Rückkehr nicht ausgeschlossen Und „last but not least“ ist da natürlich auch noch die Familie, zu der mittlerweile mit Felix, Emma und Henry drei Enkel gehören. „Und es ist doch schön, wenn man denen manchmal auch ein wenig dummes Zeug beibringen kann“, lacht Töns. Eine Rückkehr auf die politische Bühne schließt er aber nicht gänzlich aus. „Ich werde sicherlich niemandem den Platz wegnehmen. Aber wenn mal ,Not am Mann‘ ist und man mich fragt, ob ich nicht als stellvertretender sachkundiger Bürger im Schulausschuss mal einspringen kann . . .“ Ach ja: Die „Ära Töns“ – schon Heinz Töns‘ Vater war nach dem Krieg in der Kommunalpolitik aktiv – wird so oder so fortgesetzt: Tochter Manuela de Vaal – geborene Töns – ist als Ratskandidatin der CDU gesetzt.

Anmerkung:    Das Interview führte und den Artikel verfasste der Lokalredakteur Dietmar Jeschke.

        Wir bedanken uns für die Überlassung.